Leistung muss wieder zählen – auch bei Kindern
Der Bayerische Innenminister und Merkur CUP-Pate Joachim Herrmann bei einer der letzten Merkur CUP Auftaktveranstaltungen
Leistung muss wieder zählen – auch bei Kindern
Joachim Herrmann über Medaillen, Jugendsport – und Olympia 2040 in Bayern
INTERVIEW: CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER
Es waren fröhliche Spiele in Paris, sichere und begeisternde. Sagt auch Joachim Herrmann, Bayerns Innen- und Sportminister. Trotzdem ist er mit der deutschen Medaillenbilanz nicht zufrieden: Geht besser, findet er, da geht mehr. Er rät zu mehr Leistungsbereitschaft. Und bringt für München eine Olympiabewerbung 2040 ins Spiel. Wir treffen den CSU-Politiker zum Interview – im Olympiapark.
Olympia in Paris lief für die Veranstalter toll, die deutschen Athleten wurden zu Hause auch mit Jubel empfangen. Was gibt es zu mäkeln, Herr Minister?
Es war perfekt organisiert, und ich war wie viele in unserem Land unheimlich stolz auf die Erfolge unserer Sportlerinnen und Sportler. Ich habe zum Beispiel in Paris erleben dürfen, wie Jessica von Bredow- Werndl und Isabell Werth Gold und Silber im Dressurreiten geholt haben. Toll! Wir freuen uns über jede Medaille, und es waren auch grandiose vierte und fünfte Plätze dabei. Trotzdem müssen wir über die Gesamtbilanz reden. Warum hat Großbritannien fast doppelt so viele Medaillen wie Deutschland? Warum haben die Niederlande, so groß wie Bayern, so viele Medaillen wie ganz Deutschland?
Glück? Zufall? Und ist das denn so wichtig?
Das sind Länder, die unübersehbar rechtzeitig ihre Sportförderung massiv erhöht haben. Wenn es jemandem egal ist, ob wir Medaillen gewinnen, respektiere ich das. Ich sehe das anders, ich will unterstützen, dass wir uns zum Leistungsprinzip bekennen und stolz sind, wenn deutsche Sportlerinnen und Sportler die Weltspitze erreichen. Für die Spitzensportförderung steht hier der Bund in der Verantwortung. Bayern leistet einen großen Beitrag im Nachwuchsleistungssport und auch im Bereich der Sportstätten, ohne die ein Spitzensport in Deutschland undenkbar wäre. Die Länder und der Bund müssen über die aktuellen Entwicklungen sprechen.
Haben wir ein Problem mit der Sportförderung?
Wenn wir wollen, dass Deutschland erfolgreicher abschneidet, müssen wir mehr Geld investieren. Darüber wird nun seit Jahren mit dem Bund diskutiert, vorangegangen ist wenig. Und ich halte den Trend für fatal, die Leistungszentren im Spitzensport in einem Land der Größe Deutschlands massiv zu zentralisieren.
Wo konkret passiert das?
Beispiel Schwimmleistungszentren: Den Standort in Bayern aufzugeben und alles nach Magdeburg zu packen, wäre totaler Blödsinn. Da verlieren wir Talente. Mein Gegenbeispiel sind die vier Rodel- und Bobzentren in ganz Deutschland, bei uns am Königssee, in NRW, Thüringen und Sachsen. Das funktioniert, wir sind seit Jahren in diesen Disziplinen einsame Weltspitze. Und die Spitzensportler kommen eben sehr oft aus der Heimatregion eines dieser vier Leistungszentren.
Sie deuten an: Es muss mehr um Leistung gehen. Sind wir zu lätschert geworden? Oder ist der Vorwurf gerade gegenüber Spitzensportlern unfair?
Die einzelnen Sportler trifft das nicht, die kämpfen, trainieren unglaublich viel. Die Frage ist: Warum haben wir nicht mehr Talente? Warum nicht mehr überraschende Triumphe wie jenen der Kugelstoßerin Yemisi Ogunleye? Wir sollten daraus lernen, wieder mehr auf Leistung zu setzen. Die Relativierung des Leistungsgedankens findet leider immer stärker beim Kinder- und Jugendsport statt, ist aber grober Unfug – unter anderem beim deutschen Standardsport Fußball.
Sie meinen die Jugendlichen, in denen es nicht mehr um Sieg gehen soll, sondern um Spaß am Spiel.
Ich weiß von vielen Trainerinnen und Trainern sowie Vorständen vor Ort, dass die solche Debatten für einen ziemlichen Schmarrn halten. Auch eine E-Jugend will Spiele gewinnen und sich nicht nur darüber freuen, ein bisschen Ball zu spielen. Es ist falsch, wenn irgendwelche Superexperten Kinder krampfhaft vor Niederlagen schützen wollen. Das Großartige an der Jugendarbeit in unseren Vereinen ist doch, dass sie den jungen Menschen genau das spielerisch nahebringen: Wer sich anstrengt, kann großartige Erfolge haben, aber man wird auch Niederlagen erleben und sie wegstecken müssen. So ist das im Leben, und der Sport bereitet viele Kinder darauf vor: Aufstehen, weiter geht’s!
Sind Bundesjugendspiele ohne Sieger nutzlos?
Natürlich sind in unserem christlichen Menschenbild alle gleich viel wert – der Stabhochspringer, der sechs Meter überspringt, ebenso viel wie der Joachim Herrmann, der das nicht schafft. Aber zum Prinzip, dass aus Spitzenleistungen Vorbilder entstehen, müssen wir als Gesellschaft wieder stärker stehen. Wir haben eine gesellschaftliche Tendenz, den Wettbewerb zu viel zu problematisieren. Aber was ist daran so schlimm, wenn der eine besser in Mathe und der andere erfolgreicher bei den Bundesjugendspielen ist? Diese Gleichmacherei und der Versuch, niemanden mit Maßband und Stoppuhr zu diskriminieren, weil er vielleicht nicht so schnell laufen kann, ist verkrampft.
Das ganze Interview lesen Sie hier. Auch ein Download ist möglich.